Heilbehandlungen – Neue Grundsätze zur Umsatzsteuer­befreiung von Privatkliniken

20.07.2022

Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließ­lich Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Voraussetzung ist, dass diese Leistun­gen von bestimmten Einrichtungen erbracht werden.

In einem aktuellen Urteilsfall waren Krankenhausleistungen strittig, die von 2009 bis 2012 erbracht worden waren. Das Finanzamt versagte die Umsatzsteuerbefreiung, weil die Klägerin kein zugelassenes Kranken­haus war. Das Finanzgericht setzte das Verfahren aus und fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach. Dieser hat klargestellt, dass für Privatkliniken ähnliche Rahmenbedingungen gelten wie für öffentlich-rechtliche Kliniken (z.B. Vergleichbarkeit der Tagessätze und deren Berechnung).

Entscheidend sei, welche finanzielle Belastung der Patient am Ende der Behandlung selbst zu tragen habe. Indiz dafür könne die Kostenüber­nahme durch einen Träger aus dem System der sozialen Sicherheit sein. Ebenso könnten die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Klinik (Personal, Ausstattung, Räumlichkeiten) weitere Kriterien für die Vergleichbarkeit mit öffentlichen Krankenhäusern sein.

Hinweis: Mit Spannung darf erwartet werden, wie das Finanzgericht die Aussagen des EuGH auf den konkreten Fall anwendet.

Zum Hintergrund: Seit 2009 konnten viele Privatkliniken die Umsatz­steuerbefreiung nicht mehr in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber knüpfte die Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt für Krankenhäuser, die nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger betrieben wurden, an den Bedarfsvorbehalt des Sozialgesetzbuchs. Sofern ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausbedarfsplan des jeweiligen Bundeslandes auf­genommen war, konnte es die Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht nicht erhalten. Der Bundesfinanzhof hatte allerdings schon 2015 entschieden, dass sich Privatkliniken unmittelbar auf europäisches Recht berufen können.

Ab 2020 wurde die Umsatzsteuerbefreiung für Privatkliniken ins deut­sche Recht übernommen. Danach gilt für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen eines Krankenhauses, das keine Ein­richtung des öffentlichen Rechts ist oder bei dem es sich nicht um ein Plankrankenhaus gemäß Sozialgesetzbuch handelt (Privatklinik), Fol­gendes: Sie sind steuerfrei, wenn das Leistungsangebot der Privatkli­nik dem der zuvor genannten Krankenhäuser entspricht. Zudem müssen Kosten von voraussichtlich mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Kran­kenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Kranken­hausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundes­pflegesatzverordnung berechnet wurde.

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