Neues zum Thema Steuern und zur Steuerberatungsgesellschaft Quattek
Gesundheitswesen: Digital-Gesetz ist beschlossene Sache
21.06.2024
Die Bundesregierung will den Behandlungsalltag für Ärzte und Patienten mit digitalen Lösungen vereinfachen.
Ein Schritt in diese Richtung ist das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens vom 22.03.2024. Zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die Einrichtung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle. Sie soll den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen. Zudem wurde das E-Rezept als verbindlicher Standard eingerichtet.
Ab Anfang des Jahres 2025 soll die ePA für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet werden. Auch private Krankenversicherungen können eine ePA anbieten. Wer die ePA nicht nutzen möchte, muss aktiv widersprechen. In der ePA soll die gesamte Krankengeschichte auf Knopfdruck einsehbar sein. Darin können Befunde, Röntgenbilder, Untersuchungsergebnisse und Medikamentenverordnungen gespeichert werden. Das soll den Bürokratieaufwand vermindern und Mehrfachuntersuchungen vermeiden.
Medizinische Fachangestellte: Geringfügige Tätigkeit kann sozialversicherungspflichtig sein
21.06.2024
Ärzte, die medizinische Fachangestellte (MFA) geringfügig beschäftigen, sollten klären, ob die MFA andere geringfügige Tätigkeiten ausüben, wie ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) veranschaulicht.
Eine Hausärztin, die eine Gemeinschaftspraxis betreibt, hatte von April bis Oktober 2023 eine MFA mit durchschnittlich zwei Stunden pro Woche und für zunächst 72 €, später für 80 € monatlich beschäftigt. Die Fachangestellte hatte bereits zwei sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen und eine geringfügig entlohnte Nebenbeschäftigung. Die Hausärztin entrichtete für die Fachangestellte Pauschalbeträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung forderte die Rentenversicherung Beiträge zur Sozialversicherung nach. Weil Pauschalbeträge nur für die erste geringfügige Beschäftigung zu entrichten sind, stuften die Prüfer die Tätigkeit der MFA in vollem Umfang als sozialversicherungspflichtig ein. Dagegen wehrte sich die Ärztin vergeblich. Das LSG begründet sein Urteil folgendermaßen: Übt ein Beschäftigter neben seiner versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügige Nebenbeschäftigungen aus, ist nur eine dieser Tätigkeiten vom Zusammenrechnungsgebot ausgenommen. Die Rentenversicherung hat die zeitlich vor der streitigen Nebenbeschäftigung in der Hausarztpraxis begonnene Tätigkeit zutreffend als zurechnungsfrei beurteilt.
Die richtige sozialversicherungsrechtliche Meldung von Beschäftigten liegt stets im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Dass die Ärztin die Sache falsch eingeschätzt hat, entbindet sie nicht von der Pflicht zur Nachzahlung.
Hinweis: Die Revision zum Bundessozialgericht wurde zugelassen.
Vorauszahlungen: Finanzamt darf auch Beträge für die Folgejahre festsetzen
29.04.2024
Wer Gewinne aus selbständiger Arbeit erzielt, erhält regelmäßig Einkommensteuer-Vorauszah-lungsbescheide vom Finanzamt.
Darin fordert es die Vorauszahlungen grundsätzlich quartalsweise in vier gleich hohen Beträgen an. Häufig werden die Vorauszahlungen mit einem solchen Bescheid auch gleich für die Folgejahre festgesetzt. Das erkennen Sie daran, dass das Finanzamt die Quartalsbeträge beispielsweise mit dem Zusatz „ab 2024“ festsetzt.
Vorauszahlungsbescheide können nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für Folgejahre erlassen werden. Gesetzliche Vorgabe ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs lediglich, dass sich die Höhe der Festsetzung an der voraussichtlich anfallenden Einkommensteuer orientieren muss, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Die Ergebnisse einer Veranlagung dürfen damit auch die Grundlage für die Festsetzung von Vorauszahlungen für mehr als ein Kalenderjahr darstellen.
Facharzt: Laborärztliche Diagnose ist von der Umsatzsteuer befreit
08.03.2024
Im medizinischen Sektor sind zwei Umsatzsteuerbefreiungen von zentraler Bedeutung:
- Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die bei der Ausübung ärztlicher und arztähnlicher Berufe durchgeführt werden, sind nach den europarechtlichen Vorgaben steuerfrei zu stellen.
- Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts ausgeführt werden, sind unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls steuerfrei zu belassen.
Das Bundesfinanzministerium hat sich zur Umsatzsteuerbefreiung von Laborleistungen geäußert. Es reagiert damit auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und hat in diesem Zusammenhang den Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. Laut EuGH können medizinische Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik steuerfrei sein. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Behandelndem und Patient sei keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung. Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Rechtsprechung im Jahr 2019 an. Medizinische Analysen klinischer Chemiker und von Laborärzten können nach beiden oben genannten Regelungen umsatzsteuerfrei sein.
Hinweis:
Diese neuen Grundsätze sind auf Umsätze in allen offenen Fällen anzuwenden. Nach einer Nichtbeanstandungsregelung können bis zum 31.12.2023 erbrachte Umsätze auch als steuerpflichtig behandelt werden, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt sind. Wir beraten Sie gerne ausführlich zur Umsatzsteuerbefreiung für Laborleistungen.
Gemeinschaftspraxis: Schon zwei Ärzte können ein „Zentrum“ bilden
27.09.2023
Zwei Ärzte können gemeinsam ein Ärztezentrum bilden.
Laut Oberlandesgericht Frankfurt/Main (OLG) weist der Begriff „Zentrum“ im medizinischen Bereich nicht auf eine besondere Größe hin und ist nicht irreführend.
Der Antragsteller betreibt eine Praxis für plastische Chirurgie. Die beiden Antragsgegner sind Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie. Zudem ist einer der beiden Antragsgegner Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Gemeinsam betreiben sie eine Gemeinschaftspraxis, die sie als „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie“ bezeichnen. Diese Bezeichnung hält der Antragsteller für irreführend.
Im Eilverfahren hatte die Vorinstanz den Beklagten untersagt, Dienstleistungen eines plastischen Chirurgen unter diesem Namen zu bewerben oder anzubieten, wenn in dem Zentrum insgesamt nur zwei Ärzte beschäftigt sind.
Die hiergegen eingelegte Berufung der beiden Ärzte hatte Erfolg. Die Bezeichnung der Arztpraxis als „Zentrum“ für ästhetische plastische Chirurgie sei nicht irreführend, so das OLG.
Maßgeblich sei, wie der angesprochene Verkehrskreis die Bezeichnung verstehe.
Grundsätzlich erwarte der Verkehr bei dem Begriff „Zentrum“ zwar eine personelle und sachliche Struktur eines Unternehmens, die über vergleichbare Durchschnittsunternehmen hinausgehe.
Im medizinischen Bereich weise der Begriff „Zentrum“ aber nicht mehr auf eine besondere Größe hin.
Nach den aktuellen gesetzlichen Voraussetzungen erfordere ein Medizinisches Versorgungszentrum nämlich keine bestimmte Größe.
Das Erfordernis einer fachübergreifenden Kooperation ist bereits seit 2015 entfallen.
Praxen mit zwei tätigen Ärzten können demnach unter der Bezeichnung „Medizinisches Versorgungszentrum“ am Markt auftreten.
Initiative: Bundesrat fordert stärkere Regulierung Medizinischer Versorgungszentren
27.09.2023
Der Bundesrat hat die stärkere Regulierung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) durch ein entsprechendes MVZ-Regulierungsgesetz gefordert.
Diese Forderung geht auf eine Initiative der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hamburg zurück.
Das Gesetz soll die Monopolstellung einzelner Träger verhindern und eine am Patientenwohl orientierte ambulante Versorgung stärken.
Die Entschließung des Bundesrats sieht unter anderem die Schaffung eines bundesweiten MVZ-Registers und eine Kennzeichnungspflicht für Träger und Betreiber auf dem Praxisschild vor.
Außerdem sollen Krankenhäuser künftig nur in einem Umkreis von bis zu 50 km von ihrem Sitz ein MVZ gründen können.
Zudem ist die Einführung von Höchstversorgungsanteilen für Haus- und Fachärzte vorgesehen. Dies bezieht sich sowohl auf die arztgruppenbezogenen Planungsbereiche als auch auf den gesamten Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen.
Ferner enthält die Entschließung Regelungsvorschläge, um die Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung im MVZ vor dem Einfluss von Kapitalinteressen zu schützen. Vorgesehen sind zum Beispiel ein besonderer Abberufungs- und Kündigungsschutz für die ärztliche Leitung sowie Vorgaben zu deren Mindesttätigkeitsumfang.
Hinweis: In der Begründung verweist der Bundesrat auf das rasante Wachstum von MVZ mit dem Risiko von Konzentrationsprozessen. Die steigende Zahl investorengetragener MVZ gefährde die flächendeckende, umfassende Versorgung. Investoren verlagerten die Versorgungskapazitäten zunehmend in lukrative Ballungsgebiete und legten einen stärkeren Fokus auf gut skalierbare und umsatzsteigernde Leistungen mit der Folge, dass nicht mehr das gesamte Behandlungsspektrum abgebildet werde.
40 % Quote: Neues zur Umsatzsteuerbefreiung von Privatkliniken
26.05.2023
Seit dem 01.01.2009 können viele Privatkliniken keine Umsatzsteuerbefreiung mehr in Anspruch nehmen. Die Umsatzsteuerbefreiung für Krankenhäuser, die nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger betrieben wurden, ist seitdem an den Bedarfsvorbehalt des Sozialgesetzbuchs geknüpft. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit dieser Thematik beschäftigt und Hinweise zur Prüfung der Steuerbefreiung gegeben - insbesondere zur 40-%-Quote. Für Veranlagungszeiträume ab 2009 sah das Bundesfinanzministerium diese Quote als Voraussetzung für eine Steuerbefreiung an; der Gesetzgeber übernahm sie in das Umsatzsteuergesetz.
Das Urteil ist auch für jüngere Veranlagungszeiträume interessant: Im Streitjahr 2006 musste eine Privatklinik nach der früheren Rechtsprechung eine Vorauskalkulation der Selbstkosten vornehmen. Da die Klinik diese Kalkulation nicht durchführte, wies das Finanzgericht die Klage der Privatklinik auf Beurteilung ihrer Krankenhausleistungen als umsatzsteuerfrei ab. Der BFH hat dagegen entschieden, dass eine Vorauskalkulation auch in den Zeiträumen vor 2009 nicht in jedem Fall benötigt wurde. Sofern die Klinik Leistungen erbrachte, die Krankenhäuser mit Kassenzulassung nach dem DRG-Vergütungssystem abrechneten, war eine Vorauskalkulation entbehrlich. Diese war nur erforderlich, wenn die Klinik psychiatrische Leistungen durchführte.
Zudem setzte die Steuerbefreiung voraus, dass 40 % der Belegungstage auf Patienten entfielen, für die die Privatklinik keine höheren Entgelte als ein Krankenhaus mit Kassenzulassung abrechnete (40-%-Quote).
Bei Prüfung dieser Quote spielt die Finanzierung der Investitionskosten eine Rolle: Finanzämter versagen die Steuerbefreiung oft mit der Begründung, die 40-%-Quote sei nicht eingehalten worden. Ein Krankenhaus mit Kassenzulassung, das nach dem Krankenhausentgeltgesetz abrechnet, erhält neben den Krankenhausentgelten die Investitionskosten gesondert vergütet. Dagegen müssen Privatkliniken die Investitionskosten aus den Erlösen für Krankenhausbehandlungen decken. Somit entstehen unterschiedliche Entgelthöhen, die nicht zur Versagung der Steuerbefreiung führen sollten.
Hinweis: Mit dem Urteil unterstützt der BFH die Privatkliniken weiter und liefert auch für Zeiträume außerhalb des Streitjahres Argumente, sich gegen die Versagung der Steuerbefreiung zu wehren.
Facharzt: Grenzgängerregelung bei geringfügiger Beschäftigung über die Grenze
11.05.2023
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Streitfall ging es um einen Arzt, der im Streitjahr 2014 in Deutschland wohnte. Neben seiner inländischen Tätigkeit als Honorararzt einer Klinik war er dreimal (für vier, acht bzw. 22 Tage) als Vertreter eines Facharztes in einer Schweizer Klinik tätig gewesen. Strittig war der Status des Arztes als Grenzgänger.
Nach dem mit der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gilt Folgendes: Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus seiner Arbeitnehmertätigkeit bezieht, sind in dem Staat zu besteuern, in dem der Arbeitnehmer ansässig ist. Grenzgänger im Sinne des DBA ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Die Grenzgängereigenschaft und damit die Besteuerung im Wohnsitzstaat entfällt nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt.
Bei geringfügigen Arbeitsverhältnissen scheidet eine regelmäßige Rückkehr aus, wenn sich der Arbeitnehmer nicht mindestens an einem Tag pro Woche oder fünf Tagen pro Monat von seinem Wohnsitz an seinen Arbeitsort und zurück begibt. Der BFH hält diese im Verhandlungsprotokoll zwischen Deutschland und der Schweiz getroffene Vereinbarung allerdings angesichts des Wortlauts des DBA für rechtswidrig und damit für unbeachtlich. Der Grenzgängerbegriff setze keine Mindestanzahl an Grenzüberquerungen pro Woche oder Monat voraus.
Im Streitfall trägt die Sichtweise des BFH. Im Streitjahr war es lediglich zu drei mehrtägigen Arbeitseinsätzen in der Schweiz gekommen. Diese Einsätze waren wegen durchgängiger 24-Stunden-Bereitschaftsdienste jeweils als Einheit zu betrachten. An deren Ende war der Arbeitnehmer jeweils an seinen Wohnort in Deutschland zurückgekehrt. Somit lag kein einziger Nichtrückkehrtag im Sinne des DBA vor, der dem Ansässigkeitsstaat Deutschland das Besteuerungsrecht hätte streitig machen können.
Hinweis: Der BFH hat seine Auffassung in einem weiteren Verfahren zur Grenzgängerregelung nach dem DBA-Schweiz ausdrücklich bestätigt.
Absage: Wann Ausfallpauschalen für entfallene Arzttermine zulässig sind
27.03.2023
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über die Zulässigkeit von Ausfallpauschalen für kurzfristig abgesagte Termine zur Behandlung minderjähriger Kinder entschieden.
Im Urteilsfall sollte eine Mutter eine Ausfallpauschale für zwei Termine ihrer Kinder bei einer Ergotherapie in Höhe von 50 € zahlen. Aufgrund von Erkältungssymptomen und in Anbetracht einer möglichen Corona-Infektion eines ihrer Kinder hatte sie am Morgen vor den Terminen - also weniger als 24 Stunden zuvor - die Termine abgesagt.
Zu Beginn der Behandlung hatte sie jedoch ein Formular unterzeichnet, in dem stand, dass sie eine Ausfallpauschale zu entrichten habe, wenn sie weniger als 24 Stunden vorher absage. Sie weigerte sich, diese Pauschale zu leisten, und bezog sich auf die seinerzeit geltende Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Diese verböte alle körpernahen Dienstleistungen, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden könne; therapeutische Maßnahmen dürften nur durchgeführt werden, sofern ein ärztliches Attest deren Notwendigkeit bestätige. Ein solches Attest lag für die Kinder der Beklagten aber nicht vor.
Der BGH hat der Beklagten recht gegeben und die Klage abgewiesen. Ein Zahlungsanspruch der Ergotherapeutin in Verbindung mit der vereinbarten Ausfallpauschale bestehe nicht. Ein Anspruch setze voraus, dass die Beklagte mit der Annahme der ihr angebotenen Leistung in Verzug geraten wäre. Ein solcher Verzug könne erst dann eintreten, wenn der Ergotherapeutin die Leistungserbringung überhaupt möglich sei. Aufgrund der damals geltenden Corona-Schutzverordnung sei das jedoch nicht der Fall gewesen.
Hinweis: Im konkreten Fall bestand zwar kein Anspruch auf die Ausfallpauschale - der BGH deutete jedoch an, dass eine solche Pauschale durchaus zulässig sei. Voraussetzung hierfür sei, dass für den Patienten ersichtlich werde, dass der Termin eine bindende Vereinbarung beinhalte, die nicht nur internen Organisationszwecken diene, sondern dem Interessenausgleich beider Parteien.
Chefarztbehandlung – Dürfen auch Teilzeitärzte Wahlleistungen abrechnen?
21.12.2022
Wer eine bevorzugte Behandlung durch einen leitenden oder besonders qualifizierten Arzt im Krankenhaus möchte (Chefarztbehandlung), muss grundsätzlich ein Zusatzhonorar zahlen. Das Amtsgericht Bielefeld (AG) hat klargestellt, dass eine Teilzeitanstellung kein Hindernis für die Abrechnung solcher Wahlarztleistungen ist.
Die Klägerin ist eine Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie in einem Klinikum, bei dem sie in Teilzeit ca. vier Stunden in der Woche tätig ist. Sie war außerdem berechtigt, Wahlleistungen auf eigene Rechnung zu erbringen. Zudem hat sie eine eigene Praxis, in der sie ambulant tätig ist. Die Ärztin klagte vor dem AG gegen eine Patientin, die sie ambulant betreut und mit der sie eine Wahlleistungsvereinbarung über 2.135,62 € getroffen hatte. Nach der Behandlung hatte die Patientin nicht gezahlt.
Das AG hat der Fachärztin recht gegeben. Um Wahlleistungen auszuführen, reiche es für die jeweiligen Ärzte aus, dass eine Teilzeitanstellung mit einer eigenen Liquidationsberechtigung bestehe. Grundsätzlich dürften nur solche Ärzte angestellt und mit der Erlaubnis ausgestattet werden, Wahlleistungen auf eigene Rechnung zu erbringen, die entsprechend qualifiziert und erfahren seien. Weitere Anforderungen verneinte das AG, vor allem sei es nicht erforderlich, dass die Teilzeitstelle eine bestimmte Mindeststundenanzahl umfasse. Das Vertrauen des Patienten auf die besondere fachliche Kompetenz des Arztes werde dadurch geschützt, dass nur angestellte und beamtete Ärzte mit eingeräumtem Liquidationsrecht als Wahlärzte tätig werden dürften.
Hinweis: Das Urteil ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass einige private Krankenversicherungen dazu übergehen, für die Abrechnung einer wahlärztlichen Leistung zu verlangen, dass die Teilzeitanstellung in einer Klinik mindestens 20 Stunden umfasst.
Praxisgemeinschaft – Welche Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit sind
21.12.2022
Ob auch Reinigungs- und Praxisorganisationsleistungen zur von der Umsatzsteuer befreiten ärztlichen Tätigkeit zählen, hat das Finanzgericht Niedersachsen (FG) jüngst entschieden.
Im Streitfall hatten sich zwei Allgemeinmediziner zu einer Praxisgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR zusammengeschlossen. Laut Gesellschaftsvertrag war die GbR als „reine Kostengemeinschaft“ gegründet worden. Jeder ärztliche Gesellschafter rechnete seine Tätigkeit in eigenem Namen ab. Die Praxisgemeinschaft sollte den beiden Ärzten nur die Praxisräume und das Personal (gegen einen Kostenersatz) zur Verfügung stellen. Die Praxisgemeinschaft beschäftigte eine Bürokraft, die für die Organisation der Praxis zuständig war; vor allem die Terminvergabe und das Schreiben von Arztberichten gehörten zu ihren Aufgaben. Sie überwachte auch die Zahlungsvorgänge und rechnete mit den privaten Krankenversicherungen ab. Für die Reinigung der Praxisräume stellte die Praxisgemeinschaft eine Raumpflegerin ein. Zudem wurden freie Mitarbeiter (Krankengymnastin, Heilpraktiker, Psychologin) eingesetzt, die in den Räumen Kurse zu Muskelentspannungs- und Schmerzbewältigungstrainings durchführten.
Das Finanzamt stufte die Praxisgemeinschaft im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung als Unternehmerin ein. Die erbrachten Leistungen seien umsatzsteuerpflichtig, soweit sie nicht in der steuerfreien Überlassung von Räumlichkeiten bestünden oder unmittelbar für steuerfreie Heilbehandlungen verwendet worden seien. Insbesondere sollte Umsatzsteuer für die Praxisorganisation, Buchführung und Raumpflege gezahlt werden. Von den angebotenen Kursen sei nur das Schmerzbewältigungstraining steuerfrei.
Die Klage der Praxisgemeinschaft gegen die angesetzten Steuern war erfolgreich. Das FG stufte die strittige Umsatzsteuer auf null herab. Leistungen (z.B. die Praxisorganisation), die unmittelbar zum Zweck der Ausübung von heilberuflichen Tätigkeiten ausgeführt würden, seien steuerfrei. Auch die Reinigungsleistungen seien als notwendige Vorstufe für die Erbringung der Heilbehandlungen ein unverzichtbarer Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit. Darüber hinaus seien alle angebotenen Kurse Heilbehandlungsleistungen mit therapeutischer Zielsetzung und somit ebenfalls steuerfrei. Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten seien jedoch steuerpflichtig.
Hinweis: Trotz der Einordnung der Buchführungs- und Abrechnungsarbeiten als steuerpflichtig musste die Praxisgemeinschaft keine Umsatzsteuer abführen. Der Umfang dieser steuerpflichtigen Leistung unterschritt die Kleinunternehmergrenze, so dass im Ergebnis keine Umsatzsteuer festzusetzen war.
Pflegebonusgesetz – Insgesamt 1 Mrd. Euro als Bonuszahlungen für Beschäftigte in der Pflege
02.11.2022
Der Gesetzgeber hat die Auszahlung eines Pflegebonus als Anerkennung für die herausragende Leistung der im Pflegebereich beschäftigten Personen beschlossen. Für den Pflegebonus im Bereich der Krankenhäuser und der Pflegeeinrichtungen werden entsprechend dem Koalitionsvertrag je 500 Mio. € zur Verfügung gestellt - insgesamt also 1 Mrd. €. Pandemiebedingte Sonderzahlungen (also auch der Pflegebonus) sind bis zu 4.500 € steuer- und sozialabgabenfrei.
Die Auszahlung in den Kliniken sieht wie folgt aus: Krankenhäuser, in denen 2021 mehr als zehn Corona-Patienten länger als 48 Stunden beatmet wurden, erhalten 500 Mio. € zur Auszahlung an ihre Angestellten. Den Bonus erhalten Pflegefachkräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und Intensivpflegefachkräfte, die im Jahr 2021 mindestens 185 Tage im Krankenhaus beschäftigt waren. Die Höhe des Bonus richtet sich individuell nach der Anzahl der im Krankenhaus beschäftigten Anspruchsberechtigten und wird auf Grundlage der Meldungen der Krankenhäuser durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus berechnet. Die Prämie der Intensivpflegekräfte soll dabei um das 1,5fache höher liegen als für Pflegefachkräfte auf bettenführenden Stationen.
Für die Auszahlung in der Alten- und Langzeitpflege werden Pflegeeinrichtungen verpflichtet, ihren Beschäftigten den Pflegebonus spätestens bis zum 31.12.2022 auszuzahlen. Berechtigt sind alle Beschäftigten, die innerhalb des Zeitraums vom 01.11.2020 bis zum 30.06.2022 mindestens drei Monate in oder für eine zugelassene Pflegeeinrichtung tätig waren. Die Höhe wird - gestaffelt nach Nähe zur Versorgung, Qualifikation und Umfang - wie folgt bemessen:
- Vollzeitbeschäftigte Pflegefachkräfte erhalten bis zu 550 €,
- Personal, das mindestens 25 % der Arbeitszeit in der direkten Pflege/Betreuung tätig ist (z.B. in Verwaltung, Haustechnik, Küche), erhält bis zu 370 €,
- Azubis erhalten bis zu 300 €,
- Helfer im Freiwilligen Dienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr erhalten etwa 60 € und
- sonstige Beschäftigte (z.B. Leiharbeiter, Mitarbeiter von Servicegesellschaften in der Pflege) erhalten bis zu 190 €.
Die Bundesländer und Pflegeeinrichtungen können den Pflegebonus jedoch individuell erhöhen. Darüber hinaus enthält das Pflegebonusgesetz Konkretisierungen in Bezug auf die Zahlung von Löhnen nach Tarif in der Pflege und zum Pflegeentgeltwert für Krankenhäuser ohne vereinbartes Pflegebudget.
Hinweis: Der Gesetzgeber hat den begünstigten Personenkreis ausgeweitet. Die Steuerfreiheit gilt auch für Zahlungen an Beschäftigte in Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmten Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Rettungsdiensten.
Praxisbewertung: Angestellte (Zahn-)Ärzte müssen als angestellt erkennbar sein
22.09.2022
Im Rahmen von Werbung für eine Praxis und deren Leistungen darf ein Hinweis auf den Status eines angestellten Arztes nicht fehlen. Ebenso ist es unzulässig, etablierte Behandlungsmethoden als „bahnbrechend“ oder „neu“ zu bewerben. Dies hat das Landgericht Aurich (LG) im Fall einer Zahnarztpraxis kürzlich entschieden.
Im Urteilsfall hatte ein Zahnarzt seine Praxis mithilfe eines Werbeflyers beworben. Darin hatte er einen bei sich angestellten Zahnarzt genannt, ohne jedoch auf dessen Angestelltenstatus hinzuweisen. Zudem hatte er damit geworben, dass durch die Möglichkeit des Einsatzes von Intraoralscannern, die er dort als bahnbrechend bezeichnete, Zahnabdrücke unter Einsatz von Abdruckmasse hinfällig würden. Ein anderer Zahnarzt verlangte daraufhin von ihm, diese Werbung zu unterlassen, und verklagte ihn - als dies unterblieb - auf Unterlassung.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Werbung des Zahnarztes als rechtswidrig und unlauter eingestuft. Über die Beschäftigung von angestellten Zahnärzten dürfe in öffentlichen Ankündigungen nur mit Hinweis auf das Anstellungsverhältnis informiert werden, da sonst der Publikumsverkehr und die Werbeadressaten den angestellten Zahnarzt als Mitinhaber der Praxis mit persönlicher Haftung ansehen könnten. Hinsichtlich der Angaben zum Einsatz des Intraoralscanners ließ sich das LG von einem medizinischen Sachverständigen beraten. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass diese Scanner weder bahnbrechend oder neu seien noch in jedem Fall das Fertigen von Abdrücken überflüssig machten. Dieser Wertung schloss sich das LG an und untersagte auch diesen Teil der Werbung.
Neu aufgenommene Gesellschafterin muss Mitunternehmerstellung erhalten
25.08.2022
Grundsätzlich müssen niedergelassene Ärzte als selbständig tätige Freiberufler keine Gewerbesteuer zahlen. Übt eine Ärztegemeinschaft aber eine teils gewerbliche Tätigkeit aus, kann sie vollumfänglich gewerbesteuerpflichtig werden (Abfärbetheorie). Das Finanzgericht Münster (FG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Aufnahme einer neuen Gesellschafterin bei einer Arztpraxis zu gewerblichen Einkünften führt.
Im Streitfall war eine ärztliche Gemeinschaftspraxis an zwei Standorten mit der Fachrichtung Augenheilkunde tätig. Am zweiten Standort war nur eine Ärztin tätig, die zwar mit Gesellschaftsvertrag in die Gesellschaft aufgenommen worden war, allerdings nicht am Gewinn und am Vermögen der Gesellschaft beteiligt wurde. Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass die Gemeinschaftspraxis mit Aufnahme der Ärztin als weitere Gesellschafterin nicht mehr in vollem Umfang eigenverantwortlich und damit nicht freiberuflich tätig gewesen sei. Sie betreibe einen Gewerbebetrieb. Das Finanzamt unterwarf die Gemeinschaftspraxis der Gewerbesteuerpflicht. Dagegen klagte die Gemeinschaftspraxis.
Das FG hat die Gewerbesteuerpflicht der Gemeinschaftspraxis bejaht. Ein Arzt sei nur dann als Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis selbständig tätig und von der Gewerbesteuer befreit, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien zutreffe - er also
- am Gewinn der gesamten Gesellschaft beteiligt werde,
- seinen Anteil an der Wertsteigerung der Gesellschaft bei Ausscheiden ausgezahlt bekomme,
- das Verlustrisiko (mit-)trage oder
- zumindest besondere Initiative zeige, beispielsweise besondere Geschäftsführungsaufgaben übernehme oder eine besonders hohe Arbeitslast trage.
Hinweis: Die Gewerblichkeit einer Arztpraxis lässt sich vermeiden. Nutzen Sie unser Beratungsangebot, bevor Sie zum Beispiel eine neue Gesellschafterin aufnehmen.
Heilbehandlungen – Neue Grundsätze zur Umsatzsteuerbefreiung von Privatkliniken
20.07.2022
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Voraussetzung ist, dass diese Leistungen von bestimmten Einrichtungen erbracht werden.
In einem aktuellen Urteilsfall waren Krankenhausleistungen strittig, die von 2009 bis 2012 erbracht worden waren. Das Finanzamt versagte die Umsatzsteuerbefreiung, weil die Klägerin kein zugelassenes Krankenhaus war. Das Finanzgericht setzte das Verfahren aus und fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach. Dieser hat klargestellt, dass für Privatkliniken ähnliche Rahmenbedingungen gelten wie für öffentlich-rechtliche Kliniken (z.B. Vergleichbarkeit der Tagessätze und deren Berechnung).
Entscheidend sei, welche finanzielle Belastung der Patient am Ende der Behandlung selbst zu tragen habe. Indiz dafür könne die Kostenübernahme durch einen Träger aus dem System der sozialen Sicherheit sein. Ebenso könnten die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Klinik (Personal, Ausstattung, Räumlichkeiten) weitere Kriterien für die Vergleichbarkeit mit öffentlichen Krankenhäusern sein.
Hinweis: Mit Spannung darf erwartet werden, wie das Finanzgericht die Aussagen des EuGH auf den konkreten Fall anwendet.
Zum Hintergrund: Seit 2009 konnten viele Privatkliniken die Umsatzsteuerbefreiung nicht mehr in Anspruch nehmen. Der Gesetzgeber knüpfte die Steuerbefreiung ab diesem Zeitpunkt für Krankenhäuser, die nicht von einem öffentlich-rechtlichen Träger betrieben wurden, an den Bedarfsvorbehalt des Sozialgesetzbuchs. Sofern ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausbedarfsplan des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen war, konnte es die Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht nicht erhalten. Der Bundesfinanzhof hatte allerdings schon 2015 entschieden, dass sich Privatkliniken unmittelbar auf europäisches Recht berufen können.
Ab 2020 wurde die Umsatzsteuerbefreiung für Privatkliniken ins deutsche Recht übernommen. Danach gilt für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen eines Krankenhauses, das keine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist oder bei dem es sich nicht um ein Plankrankenhaus gemäß Sozialgesetzbuch handelt (Privatklinik), Folgendes: Sie sind steuerfrei, wenn das Leistungsangebot der Privatklinik dem der zuvor genannten Krankenhäuser entspricht. Zudem müssen Kosten von voraussichtlich mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde.
Impfzentren – Steuerliche Erleichterungen für freiwillige Helfer verlängert
24.06.2022
Die Finanzminister der Länder und das Bundesfinanzministerium haben beschlossen, dass freiwillige Helfer in Impfzentren auch im Jahr 2022 vom Übungsleiter-Freibetrag und von der Ehrenamtspauschale profitieren sollen. Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat zusammengefasst, worauf es ankommt:
- Alle, die direkt an der Impfung oder Testung beteiligt sind (Aufklärungsgespräche, Impfen oder Testen), können den Übungsleiter-Freibetrag von bis zu 3.000 € jährlich in Anspruch nehmen.
- Für das Engagement in der Verwaltung und der Organisation kann die Ehrenamtspauschale von bis zu 840 € beansprucht werden.
Das gilt auch für mobile Impf- und Testzentren. Wer im Bereich Impfung/Testung und im Bereich der Verwaltung/Organisation der Impf- und Testzentren nebenberuflich tätig ist, kann den Übungsleiter-Freibetrag und die Ehrenamtspauschale nebeneinander geltend machen. Das setzt aber voraus, dass die Tätigkeiten entsprechend vereinbart und gesondert vergütet werden.
Übungsleiter-Freibetrag und Ehrenamtspauschale können nur beansprucht werden, wenn
- der Auftraggeber oder Arbeitgeber eine gemeinnützige Einrichtung oder ein öffentlicher Arbeitgeber (Land oder Kommune) ist oder
- das Impfzentrum im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unter Hinzuziehung von Privaten oder gänzlich von Privaten betrieben wird.
Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Tätigkeit nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitstelle in Anspruch nimmt oder die regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht mehr als 14 Stunden beträgt. Auch Helfer, die keinen Hauptberuf ausüben (z.B. Studenten oder Rentner), können nebenberuflich tätig sein.
Sowohl der Übungsleiter-Freibetrag als auch die Ehrenamtspauschale können nur einmal pro Kalenderjahr gewährt werden. Bei mehreren Tätigkeiten, für die der Übungsleiter-Freibetrag in Betracht kommt (z.B. Helferin im Impfbereich und Trainerin einer Jugendmannschaft), sind die Einnahmen daher zusammenzurechnen. Das gilt ebenso für die Ehrenamtspauschale.
Vertragsärzte: Keine Anstellungsgenehmigung für geschäftsführende MVZ-Ärzte
27.04.2022
Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) hat keinen Anspruch darauf, dass der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung die Anstellung zweier Fachärzte genehmigt, wenn beide Ärzte
- zugleich Geschäftsführer sowie
- jeweils zur Hälfte am Vermögen und am Gewinn des MVZ beteiligt
sind. Denn dann sind die beiden Ärzte nicht abhängig angestellt, sondern können als Geschäftsführer zu gleichen Teilen ihnen nicht genehme Beschlüsse und Weisungen des MVZ verhindern. So lässt sich ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts zu einem als GbR geführten MVZ zusammenfassen.
Hinweis: Um die Ablehnung einer solchen Anstellungsgenehmigung zu vermeiden, sollte die Geschäftsführung in andere Hände gelegt werden als in die der angestellten Ärzte. So kann das MVZ beispielsweise einen ärztlichen Direktor beschäftigen. Alternativ kann das MVZ die Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter-Ärzte in bestimmten Bereichen so weit einschränken, dass diese nicht mehr in der Lage sind, sie betreffende Beschlüsse des MVZ abzuwehren oder zu verhindern.
Für weitere Fragen zu diesen und anderen Themen stehen wir, die Quattek & Partner Steuerberatungsgesellschaft in Göttingen, Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.
Praxisveräußerung – Ermäßigter Steuersatz ist auch bei irrtümlicher Gewährung verbraucht
27.04.2022
Gewinne aus einer Praxisveräußerung können Sie als außerordentliche Einkünfte mit einem ermäßigten Einkommensteuersatz versteuern. Haben Sie bereits das 55. Lebensjahr vollendet oder sind Sie im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, können Sie alternativ auf Antrag eine besondere Steuersatzermäßigung in Anspruch nehmen, so dass für die Gewinne nur 56 % des regulären durchschnittlichen Steuersatzes anfallen. Diese Ermäßigung kann allerdings nur einmal im Leben beansprucht werden.
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Streitfall war einem Arzt 2006 die Steuersatzermäßigung auf Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung gewährt worden, obwohl diese Einkünfte gar nicht begünstigt waren. Das Finanzamt hatte eine Feststellungsmitteilung für die Gemeinschaftspraxis, in der der Arzt tätig war, falsch ausgewertet. Der Steuersatz wurde reduziert, ohne dass der Arzt dies beantragt hatte. Gleichwohl ließ er den Fehler damals nicht korrigieren. Als der Arzt zehn Jahre später seine Anteile an der Gemeinschaftspraxis verkaufte, wollte er für den dabei entstandenen Veräußerungsgewinn die besondere Steuersatzermäßigung in Anspruch nehmen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, weil die Steuersatzermäßigung dem Arzt bereits im Jahr 2006 gewährt worden sei.
Der BFH hat den „Verbrauch“ der Steuersatzermäßigung bestätigt. Eine antragsgebundene Steuervergünstigung sei für die Zukunft auch dann verbraucht, wenn sie zu Unrecht und ohne erforderlichen Antrag gewährt worden sei. Entscheidend ist laut BFH allein, dass sich die Vergünstigung damals bereits ausgewirkt hatte und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Etwas anderes kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur gelten, wenn die irrtümliche Gewährung angesichts der geringen Höhe der Vergünstigung oder einer fehlenden Erläuterung im Steuerbescheid nicht erkennbar war. Diese Fallkonstellation war hier aber nicht gegeben, da die irrtümlich gewährte Ermäßigung die Steuer 2006 um rund 8.000 € gemindert hatte.
Hinweis: Wer die Steuersatzermäßigung in seinem Leben noch in Anspruch nehmen will, ist also gut beraten, wenn er eine irrtümliche Gewährung zeitnah beim Finanzamt anzeigt bzw. Einspruch einlegt, damit der Fehler korrigiert werden kann, so dass die Ermäßigung für spätere Veräußerungsgewinne noch zur Verfügung steht. Wer untätig bleibt, nimmt den Verbrauch der Ermäßigung in Kauf.
AU-Bescheinigungen – Krankschreibung ohne persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient?
01.03.2022
Auch im zweiten „Corona-Winter“ ist die enorme Aus- bzw. Überlastung von Einrichtungen des Gesundheitswesens einschließlich Arztpraxen deutlich spürbar. Immerhin hat die Pandemie gezeigt, dass auch die ärztliche Diagnose und die Behandlung „aus der Ferne“ per Videosprechstunde oder durch telefonische Beratung möglich sein können.
Bereits im Herbst 2020 hatte sich das Oberlandesgericht Hamburg mit der Frage befasst, wann Fernbehandlungen und die Werbung dafür möglich sind. Das Gericht untersagte einen automatisierten Dienst für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei Erkältungen. Dort mussten die Nutzer über eine Onlineplattform verschiedene vorformulierte Fragen beantworten. Kam das System zu dem Schluss, dass keine Krankschreibung möglich sei, konnte man das Ganze noch einmal durchlaufen. Danach sollten die Antworten online durch einen „Tele-Arzt“ überprüft werden. Die Krankschreibung erfolgte per WhatsApp und per Post. Weil hier keine Einzelfallprüfung durch einen Arzt stattfand und das Ergebnis allein auf den Antworten des Patienten beruhte, war dies unzulässig. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Anwaltverein zusammengefasst, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
- Ordnungsgemäße medizinische Behandlung und Beratung sind grundsätzlich unter Einsatz von Kommunikationsmedien möglich.
- Die Beratung über Kommuniationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Erhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.
- Im Einzelfall muss der Arzt prüfen, ob ein persönlicher Kontakt mit dem Patienten notwendig ist.
Hinweis: Eine Videosprechstunde oder eine telefonische ärztliche Beratung ist möglich, denn auch hier haben Arzt und Patient einen persönlichen Kontakt. Nur so kann eine Einzelfallprüfung stattfinden.
Freibetrag – Was bei Praxisfeiern und -jubiläen zu beachten ist
28.01.2022
Nach fast zwei Jahren Pandemie denken manche Arbeitgeber wieder über „echte“ Betriebsfeiern für ihre Arbeitnehmer nach. Damit auf das Feiern kein böses Erwachen folgt, sind neben Hygienemaßnahmen stets auch die lohnsteuerrechtlichen Regelungen zu beachten. Die Steuerberaterkammer Stuttgart hat auf die wichtigsten steuerlichen Fallstricke hingewiesen:
Freibetrag von 110 €: Praxisfeiern, etwa zu Weihnachten oder zum Jahresauftakt, Sommerfeste, Betriebsausflüge und Praxisjubiläen sind rechtlich als Betriebsveranstaltungen einzustufen, wenn sie einen geselligen Charakter haben. Wichtig ist dabei, dass Arbeitgeber bei der Veranstaltung den Freibetrag in Höhe von 110 € pro Arbeitnehmer einhalten, damit das Event lohnsteuer- und abgabenfrei vonstattengehen kann. Für die 110-€-Grenze müssen alle Aufwendungen einschließlich der Umsatzsteuer zum Beispiel für Speisen, Eintrittskarten, Geschenke, Musik und Raummiete zusammengerechnet werden.
Offener Teilnehmerkreis: Der 110-€-Freibetrag kann nur beansprucht werden, wenn die Betriebsveranstaltung allen Arbeitnehmern der Praxis oder des Praxisteils (z.B. eine Abteilung) offensteht. Die Bevorzugung einer Arbeitnehmergruppe (z.B. nur Führungskräfte) wird steuerlich nicht gefördert.
Pro-Kopf-Zuwendung: Steuerliche Probleme erwachsen Arbeitgebern durch Personen, die trotz vorheriger Zusage nicht teilnehmen. Denn bei der Berechnung des 110-€-Freibetrags müssen die Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung zu gleichen Teilen auf alle bei der Feier anwesenden Teilnehmer aufgeteilt werden. Wenn wesentlich weniger Gäste zu der Veranstaltung erscheinen, als ursprünglich angemeldet waren, bleiben die Kosten der Feier häufig (nahezu) gleich, müssen aber auf weniger Köpfe umgerechnet werden als ursprünglich geplant, so dass der 110-€-Freibetrag schneller überschritten wird.
Überschreiten des Freibetrags: Wird der Freibetrag von 110 € trotz sorgfältiger Planung überschritten, kann der Arbeitgeber für den über die 110 € hinausgehenden Betrag eine Pauschalversteuerung mit 25 % vornehmen. Den Arbeitnehmern entstehen dadurch keine finanziellen Nachteile - die Versteuerung übernimmt allein der Arbeitgeber.
Virtuelle Praxisevents: In Pandemiezeiten suchen Unternehmen verstärkt nach virtuellen Alternativen zu Betriebsveranstaltungen. Ob Onlineweinproben, digitales Kochen oder gemeinsames Spielen im Internet: Für virtuelle Events gelten die gleichen Regelungen wie in der analogen Welt. Wichtig ist also bei den Zuwendungen auch hier die 110-€-Grenze, etwa für Warenlieferungen wie Weinpakete oder Kochzutaten. Zudem muss für die gesamte Belegschaft die Möglichkeit der Teilnahme bestehen, und auch das gesellige Beisammensein sowie der tatsächliche Austausch untereinander müssen gewährleistet sein.
Geschenke statt Praxisevents: Wer, anstatt eine Feier zu veranstalten, seinem Personal lieber Präsente als Dankeschön überreichen möchte, muss die geltenden Freigrenzen von 60 € für Geschenke aus besonderem persönlichen Anlass bzw. 50 € (44 € bis 2021) für Sachgeschenke beachten. Der Freibetrag für Veranstaltungen von 110 € kann hier nicht herangezogen werden. Bei Überschreiten der Grenzen von 60 € bzw. 50 € werden die Sachzuwendungen in voller Höhe lohnsteuer- und auch beitragspflichtig.
Für Fragen steht Ihnen die Quattek & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB in Göttingen gern zur Verfügung.